Kann man mit Brötchen Smartphones aufladen? Schüler der 9a nahmen eine Biogasanlage zur Strom- und Wärmeerzeugung unter die Lupe
Man kann – allerdings über Umwege. Und zu erkunden, wie diese „Umwege“ genau aussehen können, besuchte die 9a des Ritze am 24.03.2015 zusammen mit Herrn Hinzen und Dr. O. eine Biogasanlage in Dorff.
Seit über 15 Jahren wird diese Biogasanlage neben einem landwirtschaftlichen Betrieb von der Familie von Hoegen betrieben. 1998 wurde das erste Blockheizkraftwerk (BHKW) mit 30 kW Leistung in Kombination mit einem Fermenter mit 200 m³ Gärraum errichtet – übrigens war es das erste seiner Art in NRW. Mittlerweile ist die Anlage auf 3 BHKWs mit insgesamt 230 kW und 2 Fermenter mit insgesamt 2000 m³ Gärraum angewachsen.
Gut, ein BHKW liefert Strom – u.a. auch für das Netzteil bzw. den Akku eines Smartphones. Aber was hat das Ganze denn mit Brötchen zu tun? Nun, der Fermenter muss ja mit irgendeinem Subtrat betrieben werden. Bei den meisten Biogasanlagen handelt es sich um NaWaRo-Anlagen (NaWaRo= nachwachsende Rohstoffe). Die Anlage in Dorff ist aber eine Abfallvergärungsanlage, die nicht mit pflanzlichen Substraten (z.B. Gras, Mais oder Rüben) „gefüttert“ wird, sondern mit Bäckereiabfällen, Obst-und Gemüseabfall, Pferdemist, Futterresten und Fetten. In der Annahmehalle werden täglich solche Abfälle angeliefert und für die Vergärung in den Fermentern zwischengelagert. Wir hatten das Glück, eine solche Anlieferung mitzuerleben.
Die Bakterien in den Fermentern verstoffwechseln die Abfallstoffe und produzieren Biogas. Pro Tag entsteht ca. 1800 m³ Biogas, das im Gaslager zwischengelagert wird, ehe es im BHKW zu Strom verbrannt wird. Die heißen Abgase werden in einem Wärmetauscher abgekühlt und erhitzen gleichzeitig Heizungswasser, welches dann zum Heizen der angeschlossenen Wohnhäuser genutzt wird. Das vergorene Substrat gelangt in den Nachgärer und Hygenisierer. Nach einer Hitzebehandlung bei 70°C für eine Stunde wird das hygienisierte Substrat im Güllelager zwischengelagert, ehe es als hochwertiger Dünger auf Wiesen ausgebracht wird.
Das Interessante an der Anlage ist u.a. auch, dass neben einem Teil der erzeugten Energie, die zur kostengünstigen Versorgung des landwirtschaftlichen Betriebs genutzt wird, die Abwärme der BHKWs zu 100% genutzt wird. 30% der Energie wird zum Heizen der Fermenter, der Wirtschaftsgebäude und der Wohngebäude benötigt, und mit der restlichen Energie werden weitere Wohneinheiten in Dorff mit „Fernwärme“ versorgt.
Der Wirkungsgrad der Motoren eines BHKWs liegt jedoch nur zwischen 35 und 42%, also würde mehr als die Hälfte der Energie nicht genutzt. Da aber auch die thermische Energie in Form von Abwärme aufgefangen und zu Heizzwecken verwendet wird, kann der Wirkungsgrad der gesamten Anlage deutlich gesteigert werden. Durch die fast vollständige Nutzung der thermischen Energie erreicht ein solches BHKW daher einen Wirkungsgrad von über 80% bei wetterunabhängigem Betrieb und kontinuierlicher Energieversorgung.
Die Klasse 9a ließ es sich nicht nehmen, nach einem sehr informativen Rundgang durch die Biogasanlage auch die ganz neuen automatischen Melkroboter im Kuhstall zu begutachten, frische Rohmilch zu probieren und den Kälbchen einen Besuch abzustatten.
Herrn von Hoegen einen ganz herzlichen Dank für seine informativen Erklärungen der Technik und Prozesse und für die Einblicke, die er in den Betrieb und die Umstände, unter denen er geführt wird, gegeben hat.